2010-11 : Frühwarnsystem für Maschinen - In einer Papierfabrik in Spremberg werden bundesweit einmalig Funksensoren für Anlagen getestet

 

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BERLIN/SPREMBERG
 
Die Papiermaschine in Spremberg ist 160 Meter lang und über fünf Meter breit. Sie läuft tagein tagaus, produziert 300 000 Tonnen Papier im Jahr. Im Idealfall ununterbrochen. Technisch bedingt steht die Maschine laut Unternehmen jedoch zirka 175 Stunden im Jahr still. „Eine Stunde Ausfallzeit kostet uns 5000 Euro“, sagt Julian Laux, Werksleiter Produktion und Technik in der Papierfabrik Hamburger Spremberg GmbH. Eine teure Angelegenheit.
Deutsche Wissenschaftler entwickeln derzeit ein drahtloses Frühwarnsystem für Maschinen und Anlagen, um Stillstandszeiten zu minimieren. Das Projekt nennt sich Energieautarkes Condition Monitoring System (Ecomos) und wird vom Bundesforschungsministerium mit 4,4 Millionen Euro gefördert. Neben zahlreichen Firmen kooperieren die Technische Universität Berlin und das Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration.
Die Papierfabrik in Spremberg ist der bundesweit einzige Standort, an dem die empfindliche Sensorik getestet wird. Im Dezember sollen erstmals Prototypen installiert werden. Kleine Sensoren werden dann an der Papiermaschine angebracht und zu einem drahtlosen Netzwerk geschaltet. Sie überwachen und messen rund um die Uhr die Schwingungen der Motoren. Dabei funktionieren die Funksensoren energieautark, das heißt, Mikrowattströme aus Licht, Temperatur und Vibrationen reichen aus, die Daten zu übertragen. Jede Unregelmäßigkeit in der Bewegung wird erkannt. Defekte Teile, wie abgenutzte Verzahnungen, können rechtzeitig lokalisiert und ausgewechselt werden.
„Wir wollen das schwächste Glied in der Kette identifizieren“, erklärt Johannes Rittner vom Projektträger VDI/VDE Innovation+Technik. Die Papiermaschine in Spremberg eigne sich für Tests besonders gut: „Mehr als 800 Walzen, Rollen, Lager und Motoren reihen sich dicht an dicht und bilden eine riesige Kette.“ Das Netzwerk ist nicht nur für die Mikroelektronik eine Herausforderung. Die Sensoren müssen extremen Bedingungen wie Hitze, Feuchtigkeit und Lautstärke trotzen. Im August 2011 sollen Forschungsergebnisse vorliegen und die Grundlage für eine Serienproduktion bilden.
Die Hamburger Spremberg möchte ihr Netzwerk Schritt für Schritt ausbauen. 664 Sensoren würde sie benötigen, um die gesamte Papiermaschine zu überwachen. „Mit dem drahtlosen Netzwerk sparen wir zudem zehn Kilometer Kabel und damit rund 60 000 Euro“, sagt Olaf Franke, Leiter der Abteilung Elektro. Bislang erfolgt die Kontrolle in längeren Abständen mit mobilen Handmessgeräten. „Bei 80 Grad Celsius und 100 Prozent Luftfeuchtigkeit eine enorme Belastung.“
Michael Niedermayer vom Fraunhofer-Institut in Berlin ist überzeugt, dass das Funksensornetzwerk die Messtechnik revolutionieren werde. Es ermögliche eine permanente, zuverlässige Diagnose. „Unser Ziel ist es, dass die Sensoren bis zu drei Monate vor Ausfall eines Teils ein Warnsignal abgeben“, sagt er. Auch der Wirtschaftsstandort Deutschland werde profitieren: Maschinenbauer bekämen Hinweise, welche Teile störanfällig sind und nachgebessert werden müssen. Auch deutsche Maschinen im Ausland könnten effizienter überwacht werden.