2011-01: Nutzungskosten bei Gebäuden: Bis zu 90% der Lebenszykluskosten

Über alle er­fass­ten und aus­ge­wer­te­ten Ge­bäu­de­ty­pen sind die Nut­zungs­kos­ten, im Ge­gen­satz zum Be­richts­zeit­raum des Re­ports 2009, zum Teil deut­lich ge­stie­gen. So be­trug der An­stieg der Nut­zungs­kos­ten für die In­stand­hal­tung (Bü­ro­ge­bäu­de) ge­gen­über 2009 mehr als 40%. Uwe Ro­ter­mund hält zwei Grün­de für denk­bar: "Dass wie­der mehr in die Sub­stanz der Ge­bäu­de in­ves­tiert wird oder dass ein deut­li­cher Preis­an­stieg er­folgt ist." Die Grund­ten­denz werde auch von an­de­ren Bench­mar­king-Pools be­stä­tigt.

Seit An­fang 2010 hat das Ro­ter­mund-Team die Daten bei meh­re­ren hun­dert Teil­neh­mern ab­ge­fragt. In die Da­ten­er­he­bung für den vor­lie­gen­den Be­richt gin­gen mehr als 2.800 Ge­bäu­de mit einer Brut­to­grund­flä­che von mehr als 10,5 Mio. m2 ein. Seit Be­ginn des FM-Bench­mar­kings im Jahr 2003 um­fasst die Da­ten­bank der Ost­west­fa­len mehr als 35 Mio. m². Dies dürf­te einer der grö­ß­ten Da­ten­be­stän­de in Deutsch­land für Nut­zungs­kos­ten auf Voll­kos­ten­ba­sis sein.

Nut­zungs­kos­ten kön­nen 90% der Le­bens­zy­klus­kos­ten aus­ma­chen

Dass bei zu­künf­ti­gen Ge­bäu­de­pla­nun­gen und Pro­jekt­ent­wick­lun­gen die Nut­zungs- und Le­bens­zy­klus­kos­ten deut­lich stär­ker be­ach­tet wer­den müs­sen, be­le­gen die aus­ge­wer­te­ten Daten sehr ein­drucks­voll. Die Nut­zungs­kos­ten für viele Ge­bäu­de­ty­pen lie­gen pro Jahr deut­lich über 100 Euro/m² BGF. Mit Ab­stand die teu­ers­ten Ge­bäu­de sind hier­bei die Kran­ken­häu­ser/Kli­ni­ken mit jähr­lich 236 Euro/m² BGF. (In der lin­ken Gra­fik sind die Nut­zungs­kos­ten für un­ter­schied­li­che Ge­bäu­de­ty­pen auf­ge­führt. Bei den Ge­bäu­de­ty­pen Ban­ken, Schu­len, Sport­hal­len konn­ten nicht die ge­sam­ten Nut­zungs­kos­ten aus­ge­wer­tet wer­den, da An­ga­ben zum kauf­män­ni­schen Ge­bäu­de­ma­nage­ment und zum nut­zer­be­zo­ge­nen in­fra­struk­tu­rel­len Ge­bäu­de­ma­nage­ment nicht von allen Teil­neh­mern ge­lie­fert wur­den.)

"Lei­der wer­den, auch unter Fach­leu­ten, in Deutsch­land die Le­bens­zy­klus­kos­ten auf die Kos­ten­art En­er­gie­kos­ten re­du­ziert", be­män­gelt Ro­ter­mund. Die­ser An­satz sei schon des­halb "nicht rich­tig, da die En­er­gie­kos­ten bei einer Nut­zungs­dau­er von 40 Jah­ren höchs­tens 10% bis 15% der Le­bens­zy­klus­kos­ten be­tra­gen". Die Le­bens­zy­klus­kos­ten-Fach­leu­te geben einen wei­te­ren Hin­weis: In vie­len Bau­pro­jek­ten sei fest­stell­bar, dass nicht zu­letzt auf­grund der ge­setz­li­chen An­for­de­run­gen der EnEV die En­er­gie­kos­ten op­ti­miert wer­den. Gleich­zei­tig führe die­ser An­satz je­doch oft­mals zu einer hö­he­ren Tech­ni­sie­rung der Ge­bäu­de. Die Folge: Der Tech­ni­sie­rungs­grad hat selbst­ver­ständ­lich di­rek­te, oft li­nea­re Aus­wir­kun­gen auf die In­stand­hal­tungs­kos­ten und zu­sätz­lich auf die spä­te­ren Sa­nie­rungs­kos­ten.

"Wir müs­sen un­se­re Ge­bäu­de bei Neu­er­rich­tun­gen und Sa­nie­run­gen so op­ti­mie­ren, dass ein Mi­ni­mum an En­er­gie- und In­stand­hal­tungs­kos­ten bei einer gleich­zei­tig mög­lichst lan­gen tech­ni­schen Nut­zungs­dau­er er­reicht wird. Dies be­deu­tet, dass alle Bau­tei­le und Kom­po­nen­ten einer kri­ti­schen Be­gut­ach­tung un­ter­zo­gen wer­den müs­sen", so Ro­ter­mund. Einen klei­nen Sei­ten­hieb hat der FH-Pro­fes­sor auch noch parat: "Eine oft­mals an­zu­tref­fen­de ein­fa­che Mul­ti­pli­ka­ti­on von Kenn­zah­len mit Flä­chen­an­ga­ben führt noch lange zu kei­ner kor­rek­ten Le­bens­zy­klus­kos­ten­be­rech­nung."

Dass die Nut­zungs­kos­ten für die Le­bens­zy­klus­kos­ten von ent­schei­den­der Be­deu­tung sind, zei­gen die ak­tu­el­len Aus­wer­tun­gen 2010/2011. Die Da­ten­aus­wer­ter haben auf der Basis der Kenn­zah­len 2010 für ver­schie­de­ne Ge­bäu­de­ty­pen die zu er­war­ten­den Le­bens­zy­klus­kos­ten er­mit­telt. Basis der Be­rech­nun­gen waren eine jähr­li­che Preis­stei­ge­rungs­ra­te von 1,8%, ein Dis­kon­tie­rungs­zins­satz von 3,5% und eine je­weils ge­bäu­de­spe­zi­fi­sche Nut­zungs­dau­er, die den Nut­zungs­dau­ern der WertR, An­la­ge 7 ent­nom­men wurde.

In­di­vi­du­el­le Sa­nie­rungs­kos­ten tau­gen nicht fürs Bench­mar­king

Her­aus kam (rech­te Gra­fik), dass bei Bü­ro­ge­bäu­den die Nut­zungs­kos­ten sage und schrei­be 89,9% der Le­bens­zy­klus­kos­ten aus­ma­chen, bei In­dus­trie­ge­bäu­den gar 90,1%, bei Kran­ken­häu­sern/Kli­ni­ken 88,9%. Ge­rin­ge­re Nut­zungs­kos­ten­an­tei­le wei­sen Ban­ken, Schu­len und Sport­hal­len auf, al­ler­dings ist zu be­rück­sich­ti­gen, dass, wie be­reits an­ge­merkt, in die­sen Fäl­len nicht immer alle Nut­zungs­kos­ten­ar­ten ent­hal­ten sind.

Die 90%-Mar­ke wird noch­mals deut­lich über­schrit­ten, wenn, wie in LZK-Be­rech­nun­gen üb­lich, zu­sätz­lich noch die Sa­nie­rungs­kos­ten hin­zu­ge­nom­men wer­den. Im FM Bench­mar­king Be­richt 2010/2011 wur­den die Sa­nie­rungs­kos­ten nicht er­fasst, da diese pro­jekt­be­dingt sehr stark schwan­ken, nicht pe­ri­odisch an­fal­len und somit nicht im Zuge eines Bench­mar­kings ver­gleich­bar sind.

Die Sa­nie­rungs­kos­ten kön­nen in der Pra­xis einen gro­ßen Kos­ten­bei­trag aus­ma­chen, ob­wohl die Sa­nie­run­gen der Haupt­ge­wer­ke erst ab dem 15. bis 20. Nut­zungs­jahr er­for­der­lich sind und die Kos­ten stark ab­ge­zinst wer­den. Gleich­wohl gilt für Ro­ter­mund: "Den­noch müs­sen bei Neu­bau­ten und Be­stands­ge­bäu­den zur Va­ri­an­ten­ent­schei­dung die Sa­nie­rungs­kos­ten in die LZK-Be­rech­nung in­te­griert wer­den."

Mit der Gefma-Richt­li­nie 220 wurde kürz­lich ein Leit­fa­den zur Be­rech­nung der Le­bens­zy­klus­kos­ten her­aus­ge­ge­ben (IZ 48/10). Ro­ter­mund merkt dazu an, dass die Be­rech­nung der LKZ unter an­de­rem an­hand von De­tail­kenn­zah­len er­fol­ge. Diese De­tail­kenn­zah­len un­ter­lä­gen jähr­li­chen und re­gio­na­len Schwan­kun­gen, somit müss­ten die in der Richt­li­nie ent­hal­te­nen Ba­sis­da­ten stets ak­tua­li­siert wer­den. "Da der FM Bench­mar­king Be­richt gleich­lau­tend als Gefma-Pu­bli­ka­ti­on 950 er­scheint, wur­den 2010 unter dem Dach der Gefma erst­ma­lig aus­ge­wähl­te De­tail­kenn­zah­len im FM Bench­mar­king Be­richt er­fasst." Die De­tail­kenn­zah­len wur­den u.a. mit Un­ter­stüt­zung nam­haf­ter FM- Dienst­leis­ter wie HSG Zan­der, Famis, RGM und Wisag er­mit­telt. Eine Folge davon: "Somit han­delt es sich bei den Kos­ten um Markt­prei­se, die per An­ge­bot von den be­tei­lig­ten FM-Dienst­leis­tern ab­ge­ru­fen wer­den kön­nen."

Grüne Ge­bäu­de sind nicht un­be­dingt teure Ge­bäu­de

Erst­mals wur­den von dem Bench­mar­king-Team unter dem Motto "fmbench­mar­king goes green" unter Nach­hal­tig­keits­as­pek­ten zer­ti­fi­zier­te Ge­bäu­de näher un­ter­sucht. Be­son­ders span­nend sei die Frage ge­we­sen, ob die zer­ti­fi­zier­ten Ge­bäu­de hin­sicht­lich ihrer Le­bens­zy­klus­kos­ten bes­ser ab­schnei­den als nicht zer­ti­fi­zier­te Ge­bäu­de.

Die Ant­wort lau­tet: "Grund­sätz­lich kann diese Aus­sa­ge be­stä­tigt wer­den. Die zer­ti­fi­zier­ten Ge­bäu­de neh­men beim Pri­mär­ener­gie­be­darf oft eine vor­de­re Po­si­ti­on ein. In­ter­es­sant ist auch, dass nicht - wie oft be­fürch­tet - zer­ti­fi­zier­te Ge­bäu­de die in der Er­rich­tung teu­re­ren Ge­bäu­de sein müs­sen." Ver­wie­sen wird aber auch dar­auf: Es zeige sich, dass eine Ge­bäu­de­zer­ti­fi­zie­rung nicht zwangs­läu­fig ein Ga­rant für ein kos­ten­op­ti­mier­tes Ge­bäu­de sein muss. Kon­kre­ter: "Ei­ni­ge der teil­neh­men­den Ge­bäu­de of­fen­ba­ren ein Po­ten­zi­al ,nach oben' und könn­ten in meh­re­ren Kos­ten­ar­ten op­ti­miert wer­den." Die Her­aus­ge­ber des FM Bench­mar­king Be­richts wol­len dies nicht als ne­ga­ti­ves Er­geb­nis oder als Aus­sa­ge con­tra Zer­ti­fi­zie­rung ge­wer­tet sehen - "ganz im Ge­gen­teil".

"Die Ge­bäu­de­zer­ti­fi­zie­run­gen sind sehr kom­plex und be­rück­sich­ti­gen eine Viel­zahl von Prüf­kri­te­ri­en. Nie­mand kann er­war­ten, dass wir be­reits in den ers­ten Jah­ren zu 100% op­ti­mier­te Sys­te­me haben." Die jet­zi­gen Zer­ti­fi­zie­run­gen, ins­be­son­de­re die der DGNB und die BNB-Zer­ti­fi­zie­rung (Be­wer­tungs­sys­tem Nach­hal­ti­ge Bun­des­bau­ten des BMVBS), gin­gen be­reits sehr gut auf As­pek­te der Nut­zungs­kos­ten ein. Ro­ter­mund: "Für die Fol­ge­jah­re wird eine wei­te­re Prä­zi­sie­rung und Wei­ter­ent­wick­lung er­fol­gen."

Der FM Bench­mar­king Be­richt wird sich auch 2011 deut­lich wei­ter­ent­wi­ckeln. Im Zuge einer neuen Ko­ope­ra­ti­on wird sich die hie­si­ge Be­rufs­or­ga­ni­sa­ti­on Re­alFM ab die­sem Jahr am FM-Bench­mar­king be­tei­li­gen und ihren Mit­glie­dern die Vor­zü­ge einer Da­ten­er­he­bung und -aus­wer­tung an­bie­ten. Mit der DGNB ist eben­falls eine Ko­ope­ra­ti­on ab 2011 ge­plant. Der Ko­ope­ra­ti­ons­ver­trag wird noch in die­sem Monat un­ter­zeich­net. Das Ro­ter­mund'sche FM-Bench­mar­king-Pro­jekt ver­steht sich seit der Grün­dung als ver­band­sof­fe­ner Pool. Durch die neuen Ko­ope­ra­tio­nen werde die Zahl der Teil­neh­mer noch­mals stei­gen, die aus­zu­wer­ten­den Ge­bäu­de­flä­chen wür­den grö­ßer und die Er­geb­nis­se ge­nau­er, heißt es in Höx­ter. (ae)

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