- heller - 06.10.12 11:29
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FVI Rollen:Gast
TPM aber richtig!
von Dr. Thomas Heller, Leiter Anlagen- und Servicemanagement, Fraunhofer IML © 2012
Das Total Productive Management (TPM), vor mehr als 50 Jahren als Methodik zur Optimierung der Instandhaltung erfunden, erfährt gegenwärtig insbesondere in Europa eine Renaissance als ein Instrument zur Optimierung aller Unternehmensbereiche. Das Kopieren des japanischen Vorbilds führt jedoch häufig nicht zum gewünschten Erfolg, da insbesondere die Kommunikation und Motivation der Menschen in Europa nicht mit der Situation in Asien zu vergleichen ist. Im Fraunhofer Institut für Materialfluss und Logistik wurde deshalb eine Methodik entwickelt, die europäische Unternehmensstrukturen bei der Umgestaltung berücksichtigt.
1 Richtig starten
Die Basis für jede Verbesserung bildet das Verständnis für das Bestehende. Um TPM erfolgreich einführen zu können, müssen die „gelebten“ Unternehmensabläufe im Detail bekannt sein. Die Idealabläufe aus Qualitätshandbüchern, die häufig nur für Audits und Reviews erstellt werden, helfen hier nicht weiter. Das Fraunhofer IML nutzt hierfür seit Jahren die im Institut entwickelte Methodik des Prozesskettenmanagements. In gemeinsamen Workshops mit den operativen Mitarbeitern werden die Abläufe aufgenommen und weiterentwickelt. Mit einer verständlichen Vorgehensweise und transparenten Darstellung werden hier alle Mitarbeiter einbezogen, so dass bereits von Beginn an eine Integration in den kommenden Wandlungsprozess erreicht wird.
/Abbildung Prozess/
2 Der Mensch im Mittelpunkt – Qualifizierung als kritischer Erfolgsfaktor
Qualifizierung ist kein Selbstzweck, sie soll die Menschen im Unternehmen befähigen und motivieren, selbständig an der Verbesserung ihres Arbeitsumfelds mitzuwirken. Der Bedarf an fachlicher, methodischer und sozialer Kompetenz ergibt sich aus der prozessorientierten Analyse der Tätigkeiten. Dieses gilt insbesondere für die Mitarbeit an TPM-Aktivitäten, wie Arbeitsgruppen, Rüstworkshops oder Grundinspektionen. Insbesondere hier ist neben der fachlichen auch die methodische und soziale Komponente von großer Bedeutung. Durch den Abgleich mit den vorhandenen Qualifikationen, z. B. auf Basis von Selbst- oder/und Fremdeinschätzung, lässt sich der Schulungsbedarf ermitteln und ein Schulungskonzept erarbeiten, das sich exakt an den Anforderungen orientiert. Der Einsatz einer Qualifikationsdatenbank hat sich hierfür als notwendig und sinnvoll erwiesen. In dieser ist auf Basis der Anforderungen der Qualifikationsbedarf für alle Mitarbeiter im Detail hinterlegt.
/Abbildung fachlich, methodisch, sozial/
3 Grundinspektion – mehr als nur putzen
Neben den Verbesserungen in den Abläufen müssen auch die eingesetzten Anlagen einer kritischen Betrachtung unterzogen werden. Hierfür hat das Fraunhofer IML eine detaillierte Vorgehensweise, die Grundinspektion, entwickelt. Dabei geht es nicht um das einmalige Reinigen der Anlage. Vielmehr werden Wartungsfehler und konstruktive Probleme identifiziert und mit Hilfe von Mängelkarten gekennzeichnet. Die Grundinspektion bildet somit die Basis für den Wechsel von einer „Feuerwehr“-Instandsetzung hin zu einer geplanten Instandhaltung. Die hierfür notwendigen Tätigkeiten werden gemeinsam erarbeitet, dokumentiert und in einen Wartungsplan aufgenommen, so dass dauerhaft ein optimaler Zustand der Anlagen erhalten werden kann. An dieser Stelle erfolgt auch die Zuordnung, welche Tätigkeiten zukünftig von den Anlagenbedienern und welche von der Instandhaltung durchgeführt werden. Zusätzlich wird erfasst, welche Werkzeuge für die Durchführung der Tätigkeiten benötigt werden. Für sie wird später ein Platz in unmittelbarer Nähe der Anlage geschaffen, so dass sie bei Bedarf griffbereit sind. Das Ergebnis der Grundinspektion ist nicht ein Zeitverlust durch zusätzlichen Aufwand, sondern eine deutliche Erhöhung der erforderlichen Anlagenverfügbarkeit durch weniger ungeplante Ausfälle.
/Abbildung Mängelkarten/
4 Masterplan – nicht den Überblick verlieren
Bei Prozessaufnahme und Grundinspektion tritt eine Vielzahl von Schwachstellen zu Tage. Um dabei immer den Überblick zu behalten und die Bearbeitung aller Aufgaben sicher zu stellen, empfiehlt es sich, diese in einem zentralen Masterplan in elektronischer Form zu sammeln. Hier können alle relevanten Informationen, wie Bearbeitungsstatus, nächste Schritte und Verantwortlichkeiten hinterlegt werden. Über das Firmen-Intranet oder über Informationstafeln in ihren Arbeitsbereichen können sich alle Mitarbeiter am Verbesserungsprozess beteiligen. Der Masterplan bietet einen detaillierten Überblick über den aktuellen Stand aller mit TPM verbundenen Aufgaben und die dahinter liegenden Potenziale.
5 Arbeitsgruppen – gemeinsam Probleme lösen
TPM ist keine One-Man-Show, das gilt vor allem für die Behebung der identifizierten Schwachstellen. Zu diesem Zweck werden unternehmensinterne Arbeitsgruppen gebildet, an denen die Mitarbeiter des entsprechenden Bereichs wesentlich beteiligt sind. So wird die Erfahrung der Mitarbeiter genutzt und die Akzeptanz der gemeinsam erarbeiteten Lösung sichergestellt. Den Arbeitsgruppen werden Aufgaben aus dem Masterplan zugewiesen, welche unter vorgegebenen Rahmenbedingungen weitestgehend selbstständig bearbeitet werden. Typische Aufgabenstellungen sind z. B. Reduzieren von Ressourcenverbräuchen oder Beschleunigen von Rüstvorgängen. Zu den Aufgaben der Arbeitsgruppe gehört neben dem Analysieren des Problems, der Lösungsfindung und der Umsetzung auch die Präsentation der Ergebnisse. Das Fraunhofer IML hat zur Sicherstellung des Erfolgs der Arbeitsgruppen eine ganzheitliche prozessorientierte Vorgehensweise erarbeitet, in der auch die Qualifikationsanforderungen bezüglich Sozial- und Methodenkompetenz enthalten sind.
6 Erfolge messbar machen
Für die Einführung von TPM gilt das Gleiche wie für alle Veränderungen: Ohne geeignete Kennzahlen ist weder der Nachweis eines Erfolges noch die Steuerung der Aktivitäten möglich. Es ist somit zwingend erforderlich, sich bereits zu Beginn der TPM-Einführung darüber Gedanken zu machen, wie die Verbesserung gemessen werden kann. Eine wichtige Rolle spielen dabei die Gesamtanlageneffektivität (GAE), mit der die Produktivität einer Anlage gemessen werden kann, sowie die Identifikation und Quantifizierung unterschiedlicher Verlustarten.
7 Fazit
Mit der Methodik des Fraunhofer IML kann TPM auch in europäischen Unternehmen erfolgreich eingeführt werden. Die unterschiedlichen Anforderungen an die Menschen und die Prozessabläufe bezüglich Motivation und Qualifikation finden durch die prozessorientierte Vorgehensweise eine umfassende Berücksichtigung. Insbesondere die Integration fachlicher, methodischer und sozialer Aspekte in das Gesamtkonzept bildet die Grundlage für einen erfolgreichen Wandlungsprozess und damit die Weichenstellung für ein erfolgreicheres Unternehmen.
/Abbildung Erfolgsfaktoren/
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tpm_aber_richtig.pdf | 314.53 KB |