2012-12 : Positionspapier – Chemie als ein Innovationstreiber in der Materialforschung

Die Entwicklung neuer Materialien zur Lösung drängender Zukunftsfragen ist eine der großen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Diese neuen Materialien sind der Schlüssel für die Gestaltung der Zukunft: Sie müssen unter anderem einen nachhaltigen Umgang mit Ressourcen, eine nachhaltige Energieversorgung, Mobilität, Konsum sowie neue Diagnose- und Therapiemöglichkeiten im Gesundheitswesen ermöglichen. Ein vertieftes Verständnis von Materialien und Werkstoffen, ihrer chemischen Natur, Architektur, Funktionalisierung, Verarbeitungs- und Einsatzmöglichkeiten bildet die Grundlage für die Wettbewerbsfähigkeit des produzierenden Gewerbes und der Industrie in Deutschland und Europa. Die gegenwärtig auf europäischer Ebene diskutierte Stärkung der industriellen Basis setzt eine weitere Intensivierung der Material- und Werkstoffforschung voraus.
Aufgrund seiner hohen Bedeutung für die Zukunft unserer Gesellschaft ist das Thema der Materialwissenschaft und Werkstofftechnik ein wichtiger Aspekt in der Hightech-Strategie der Bundesregierung. Dies wird unter anderem im 10-Punkteprogramm des Bundesministeriums für Bildung und Forschung verdeutlicht.


Die Materialforschung ist ein dynamisches Arbeitsgebiet, in dem der Erfolg auf der Zusammenarbeit verschiedener Disziplinen beruht. Je nach Zielrichtung arbeiten Chemiker, Physiker, Ingenieure, Materialwissenschaftler und Werkstofftechnologen gemeinsam mit Biologen, Medizinern und Experten anderer Fachrichtungen an speziellen Lösungen auf Basis innovativer Materialien und Werkstoffe für fast alle gesellschaftlichen Bedarfsfelder. Dieses Papier setzt sich insbesondere mit der Rolle der Chemie innerhalb dieses Entwicklungsprozesses auseinander. Zur Etablierung von innovativen Materialien leistet die Chemie einen wichtigen Beitrag.


Die Chemie ist die „Wissenschaft der Stoffe“, der stofflichen Veränderungen und der Verknüpfung von Aufbau und Materialeigenschaften. Dabei beschreibt sie die Wechselwirkungen zwischen einzelnen Substanzen und untersucht deren Stabilität und Reaktivität. Optimierte Materialeigenschaften benötigen ein vertieftes Verständnis von Materialstruktur und –zusammensetzung, inklusive der Funktionsweise von Additiven und vielem mehr. Daher haben zahlreiche neue Materialien ihren Ursprung in chemischen Laboratorien. Zudem ist chemische Erfahrung notwendig für das Verständnis der Produktion, Verarbeitung und Anwendung von Materialien mit optimaler Funktion und Qualität. Sie leistet somit über die gesamte Wertschöpfungskette einen Beitrag zur Materialwissenschaft und Werkstofftechnik.


Im vorliegenden Papier wird dargestellt, welchen Beitrag die Chemie zur Materialforschung, bezogen auf verschiedene Bedarfsfelder, leistet. Die Entwicklungspotentiale und der entsprechende Forschungsbedarf für das nächste Jahrzehnt werden zusammengefasst.


Durch explizite Fördermaßnahmen zur Stärkung der Chemie- und Materialforschung in enger Vernetzung mit allen beteiligten Fachdisziplinen können rasch optimale Lösungen für die drängenden Zukunftsfragen der jeweiligen Bedarfsfelder entwickelt werden. Diese Maßnahmen müssen sowohl die Grundlagen- als auch die anwendungsorientierte Forschung umfassen, wobei insbesondere die Brücke zwischen der Grundlagenforschung und der Anwendungsforschung in Deutschland gestärkt werden sollte. Nur so ist der Hochtechnologiestandort Deutschland
auch für zukünftige Herausforderungen auf dem Gebiet der Material- und Werkstoffwissenschaften gut aufgestellt; dies ist eine wesentliche Grundlage für die Wettbewerbsfähigkeit des produzierenden Gewerbes und der Industrie.